Leonie Swann: Glennkill (Goldmann)

Können Schafe glücklich machen? Ja, das können sie. Vor allen Dingen dann, wenn es die Schafe aus der Herde des Schäfers George Glenn sind. Denn jedes Mitglied der Herde unter Leitwidder Ritchfield ist etwas Besonderes. Da gibt es Mopple the Whale das Gedächtnisschaf; Zora, die den Abgrund kennt; Othello, das schwarze Schaf, das gelernt hat, im Zirkus zu überleben und von ihm zu fliehen; das Winterlamm, für das Gerechtigkeit mehr als nur ein Wort ist ? und vor allem natürlich Miss Maple, das klügste Schaf von Glennkill. Maples Scharfsinn haben die anderen auch bitter nötig, denn als sie eines schönen Morgens gewissenhaft mit der Weidearbeit beginnen wollen, stellt sich heraus, dass jemand einen Spaten in ihren Schäfer George gesteckt hat. Jetzt atmet er nicht mehr. Und das ist eindeutig Wolferei ? das ist Mord!

Wer soll ihnen nun Geschichten vorlesen? Wer sie hüten? Und wer wird ?Gerechtigkeit? üben?

Mit ihrem profunden Wissen aus Liebesromanen, einem halben Krimi (den Rest hat George weggeworfen, weil er so langweilig war) und einem Buch über Schafskrankheiten kommen Georges Schafe unter der Führung von Miss Maple nach und nach allen auf die Schliche: dem Metzger; Beth, die riecht wie der Tod; Gabriel, der mit einem Metallding grasen kann und seine Schafe als Futter sieht ? und auch Gott, der auf seinem Acker Leichen sät.

Mit Glennkill schenkt die 1975 geborene Deutsche Leonie Swann der Lesewelt nicht nur einen hübschen Krimi. Ihre Schafe entlarven das Denken und Handeln der Menschen und sind so direkt, so einfach und unverblümt, und halten dem Leser dabei auf derart liebenswürdige und einfallsreiche Art den Spiegel vor, dass es eine Wonne ist, ihnen zu lauschen.
Dabei zeugen Dialoge wie




?Wollt ihr denn gar nicht wissen, woran er gestorben ist??

[?] ?Er ist an dem Spaten gestorben. Du hättest das auch nicht überlebt, so ein schweres Eisending durch den Leib. Kein Wunder, daß er tot ist.?

[?] ?Und woher der Spaten??

[?] ?Jemand hat ihn hineingesteckt.? Für Ritchfield war die Sache damit erledigt.

[?] ?Nur ein Mensch kommt in Frage ? oder ein sehr großer Affe.?

[?] ?Ein Mensch.? Maple nickte zufrieden. Die Zahl der Verdächtigen ging rapide zurück.?




nicht nur von einem erfrischend pointierten Umgang mit Sprache ? sie bringen den Leser auch immer wieder zum Lachen.

Ein wundervolles, ein herzzerreißend komisches Buch ? frei von Albernheit und Plattitüden, und nur mit zwei kleinen Schönheitsfehlern: Das Ende hätte gestrafft und deutlicher auf den Punkt gebracht werden können, und das Schicksal von Gabriels Widder wird nicht zu einem runden Abschluss gebracht. Nicht geeignet ist Glennkill zudem für Leser, die einen wirklich packenden Plot erwarten - denn so ein Schafsleben spielt sich nunmal auf der Weide ab, und auch der Horizont begnadet kluger Schafe ist begrenzt. Wer aber - wie ich - Freude an liebevollen Neologismen und Sprachspielen sowie “wolligen” Charakterstudien hat, wird an diesem Erstling seine helle Freude haben.

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Leonie Swann: Glennkill. Goldmann 2005. 376 Seiten. 17,90 Euro (Hardcover)

Thema: Humor, Philosophisches über Menschen aus der Sicht von Schafen, Krimi

  Momo Evers am 23.08.2006 | |
Krimi