Dem Selbständigen ist keine Stunde heilig

... das wird mir immer wieder klar, wenn ich feststelle, daß Weihnachten morgen ist und ich noch keinen Gedanken daran verschwendet habe. Oder wenn ich - wie jetzt - zwischen Weihnachten und Sylvester über meiner Arbeit sitze und mit Stoizismus und Langmut auf einen Punkt hinarbeite, der mir das Durchatmen ermöglicht. Das Sylvesterfeiern ohne Reue und schlechtes Gewissen. Ohne “Projektrückstau”. Und somit mit der Hoffnung auf einen übersichtlichen und geordneten Start in das neue Jahr.

Mit den Jahren habe ich gelernt, mich damit abzufinden, daß dieser Punkt nie zu meiner wirklichen Zufriedenheit erreicht sein wird. Wo ein Loch gestopft wird, öffnet sich ein neues. Aber was ich früher mit wachsender Unruhe betrachtet habe, über das habe ich mich zusehends zu freuen gelernt. Denn letzten Endes bedeutet dieser Zustand, daß es weiter geht. Daß je ein laufendes Projekt nahtlos an das nächste anschließt. Und daß ich den Zustand eines wirklich “leergearbeiteten” Schreibtisches daher schlichtweg nicht erreichen kann.
Und das ist schließlich ein Grund zur Freude, denn es bedeutet, daß ich mich über Auftragsmangel nicht beklagen muß.

Nach fast drei Jahren Selbständigkeit liebe ich meinen Job noch immer - und täglich mehr. Trotz Dauerstress, oft extrem sportlicher Deadlines, trotz großer und kleiner Katastrophen und darauf folgender durchgemachter Nächte im Dutzend.
Ich wollte immer mit Sprache arbeiten.
Bis heute kann ich mir nichts Schöneres vorstellen.

Für all die spannenden Projekte der vergangenen Jahre, alle Herausforderungen, für alle Höhen - aber auch für die Tiefen, an denen ich lernen konnte - meinen herzlichen Dank.

Allen, mit denen ich die Projekte der letzten Jahre umgesetzt habe.
Allen, mit denen ich Neues umsetzen werde.
Allen, die Sprache ebenso sehr schätzen wie ich.
Und nicht zuletzt den Menschen, die ich liebe - dafür, daß sie mich trotz Dauerstreß und Dauerzeitmangel nicht vergessen haben.

Wird’s besser? Wird’s schlimmer?
fragt man alljährlich.
Seien wir ehrlich:
Leben ist immer
lebensgefährlich.
(Erich Kästner)

Auf ein neues, auf ein wundervolles Jahr 2006!

Momo (heute besinnlich gestimmt)

Momo Evers am 28.12.2005 um 20:44 Uhr

Stimmt Momo - es ist gut, wenn sich der Schreibtisch nie leert. Es ist aber nicht gut, wenn man nicht lernt, damit umzugehen. Will heißen, man muss auch mal durchatmen, wenn der Punkt zum Durchatmen offensichtlich noch nicht da ist. DAS zu lernen, ist die wirkliche Herausforderung des Selbstständigen.

Alles Liebe für 2006!!

Von Biggi  am  29.12.2005  um  01:56 Uhr

Jawoll, Biggi, Ma’am, Sir - ich arbeite dran ;-)
Leider arbeite ich einfach wirklich gern. Selbst wenn ich todmüde bin und eigentlich dringend Urlaub bräuchte - das Arbeiten macht mir noch immer Spaß. Das ist vermutlich die eigentliche Krux.

Aber ich bin sehr sicher und zuversichtlich, daß sich das allerspätestens mit dem Kind ganz von selbst einpendeln wird - das läßt es sich nämlich nicht gefallen, wenn ich nur vor dem Rechner sitze :-)
Dir auch ein wundervolles Jahr. Es kann nur besser werden :-)

Von Momo  am  29.12.2005  um  02:44 Uhr

Och, dem Kind ist das vollkommen wurscht, wenn du nachts arbeitest. Hauptsache, du bist da, wenn es Hunger oder Langeweile hat. Oder so. Will heißen - nein, schieb es nicht auf andere. Für deine freie Zeit kannst du nur selbst sorgen. (ich hab für mich in 11 Jahren Selbstständigkeit die Lösung noch nicht gefunden…)

Und für 2006: Es kann nur besser werden? ES MUSS. Und ja, du hast Recht, es wird sicher auch.

Von Biggi  am  29.12.2005  um  02:53 Uhr

In einer Leistungsgesellschaft wie der unsrigen sind solche Erkenntnisse wertvoll. Danke für die Anregungen. Ich wünsche mir für 2006, daß sie auch anderen außer mir zu gesunder Selbstreflexion und Mäßigung verhelfen.

Von Nicolas aus Heidelberg  am  04.01.2006  um  14:58 Uhr

Lieber Nicolas -

herzlichen Dank für die Blumen und auch Ihnen ein erfolgreiches und dennoch rundum schönes 2006!

Von Momo  am  12.01.2006  um  05:09 Uhr

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