Gedenkseiten im Netz

Samstag, 27. September 2008

Bens Bausteinburg - Ein besonderes Grab für einen besonderen kleinen Jungen

Eine von den Schwestern der Station aufgehängte Lichterkette verbreitete ihren warmen Schein, als Ben Johannes Schetters am 24.03.2004 in der Kinderklinik Bochum um 01.50 Uhr in den Armen seiner Mutter den letzten Atemzug tat. Auf der Seite, auf der Gaby die Geschichte ihres Kindes zusammengefasst hat, erinnert sich die damals 29-jährige so an diese Minuten: 75, 68, 67, 64, 60, 52, 50, 55, 58, 53, 50, 48 ... Es war wie eine Ewigkeit ... Ich schaute die Ärztin, die neben mir saß, an und sie nickte mir zu. Die Werte fielen weiter und unsere Tränen liefen leise unsere Wangen runter. Mein Mann drückte meine rechte und die Ärztin meine linke Hand. Ich schaute immer wieder Ben und den Monitor an. 45, Ben, 44, Ben, 42, Ben ... Ich spürte die Hand der Schwester auf meiner rechten Schulter ... 38, 35, 30, ..............................., 0. Null. Null, Null, Null, Null, Null…


Der kleine Junge mit dem strahlenden Lächeln wurde nur neun Monate alt ? im Juni 2003 war er per Notkaiserschnitt in der 32. Woche zur Welt gekommen.BildDrei Tage nach seiner Geburt stellten die Ärzte bei Ben das Down Syndrom fest ? was, wie man zunächst glaubte, Auslöser war für seine häufigen Lungen- entzündungen. Doch mit der Zeit kristallisierte sich immer mehr heraus, dass der kleine Junge aus dem Kreis Kleve schwer krank war: Er hatte ein kleines Loch im Herzen, und seine Lunge arbeitete nicht richtig.
Was folgte, war ein Wechselbad der Gefühle ? unzählige Krankenhausaufenthalte, immer wieder widersprüchliche Aussagen von Ärzten über den Gesundheitszustand und die Heilungschancen, bis endlich die erschütternde Diagnose feststand: Ben würde an einem unbekannten Lungenvirus sterben.


Den Abschied vorbereiten


Wie kann man sich auf den Tod des eigenen Kindes vorbereiten? ?Gar nicht!? sagt Gaby Schetters. Und doch gab es keine Minute, in der ihr Denken nicht um das kreiste, was auf sie zukommen würde.
Eines stand auf jeden Fall fest: Ben sollte es ?schön? haben ? auch nach seinem Tod.BildZum Glück erinnerte sich die Kauffrau an Franz, einen Freund ihres Vaters, von Beruf Schreiner, der zusammen mit seinem Sohn ein Bestattungs- unternehmen betreibt. Mit ihm konnte sie ganz in Ruhe, vor dem ?Tag X? alles besprechen. Ihre Gefühle dabei waren sehr zwiespältig: ?Franz gab mir seine Handynummer und versprach mir, sowie Ben gestorben sei, solle ich ihn anrufen und er würde sich um alles kümmern. Als ich auflegte, hatte ich ein ganz mulmiges Gefühl. Was war ich nur für eine Mutter? Ich plante seine Beerdigung, obwohl er noch lebte??? Aber wie reagiere ich, wenn es so weit ist und Ben stirbt? Drehe ich durch? Was passiert mit mir? Kann ich dann noch so entscheiden, wie jetzt? ... Letztendlich war ich froh, alles geregelt zu haben und war der festen Überzeugung KEINE schlechte Mutter deswegen zu sein.?


Der letzte Weg


Einige Wochen später starb der kleine Ben ? seine Mutter hatte es noch geschafft, eine ganz besondere Todesanzeige zu verfassen. Es war ihr wichtig, das selbst zu tun, mit eigenen Worten und noch nicht blockiert vom Schmerz und der Trauer. ?Ich hatte panische Angst davor, direkt nach Bens Tod einen Blackout zu haben und dann erleben zu müssen, dass alles anders gemacht wird als wir es uns wünschen!?
Trotzdem die Anzeige erst am Tag nach der Beerdigung erschien, hatten sich fast hundert Trauergäste zusammengefunden, um Ben das letzte Geleit zu geben. Auch viele Ärzte und Krankenschwestern waren gekommen. Obwohl Gaby am offenen Grab fast zusammenbrach, nachdem sie bis zu diesem Zeitpunkt die Tränen tapfer zurückgedrängt hatte, hielten sie und Bernd sich an ihr ganz persönliches Motto ?Egal was passiert, das Leben geht weiter! und Man darf alles aber niemals aufgeben!? und führten das durch, was sie sich vorgenommen hatten: Für Ben, den tapferen, kleinen Kämpfer, der sie in seinem kurzen Leben so viel gelehrt hatte, ließen die Eltern ganz viele bunte Luftballons steigen.


Die Zeit danach


Die erste Zeit nach Bens Tod verbrachten Gaby und Bernd in einer Art ungläubigem Schockzustand. ?Die erste Woche war mein Mann zu Hause, danach musste er wieder arbeiten gehen. Für uns beide war es ein ganz komisches Gefühl, fast langweilig, vor allem aber so ungewohnt. Unsere täglichen Fahrten in die Klinik ? für jede Strecke hatten wir eine Stunde gebraucht ? plötzlich vorbei. Wie oft sind wir noch zusammengezuckt, wenn das Telefon klingelte, ein ums andere Mal bin ich nachts aufgewacht und wollte in der Klinik anrufen um zu fragen, wie es Ben ging.?
Vier Wochen später flog das Ehepaar für zehn Tage in den Süden, um abzuschalten und den Versuch zu starten, sein Leben neu zu ordnen.


Ein Spielplatz für die Ewigkeit


Dazu gehörte aber auch die Gestaltung von Bens letzter Ruhestätte. Ihr Erstgeborener sollte kein 08/15-Grabmal bekommen, wünschten sich die Eltern. Aus diesem Grund sichteten ? und verwarfen - sie unzählige Grabsteine und Säulen.BildEines Tages jedoch sah Gaby zufällig beim Vorbeifahren in der Auslage eines Steinmetzes einen Stein aus schwarzem und rotem Granit und wusste gleich: ?Der ist es und kein anderer!? Das war das Richtige für ihren Sohn, der viel zu viel Zeit in einem Krankenbett verbracht hatte, angeschlossen an Schläuche und Maschinen, statt in seinem liebevoll eingerichteten Kinderzimmer voller Begeisterung Bauklötze durch die Gegend zu werfen. Auch ihr Mann und der Rest der Familie fand ihre Wahl wunderschön und passend.


Bürokratische Hürden


Bens BauklotzburgDer Stein wurde gekauft, beschriftet, hätte nur noch aufgestellt werden müssen ... ? doch dann kam der Schock: Die Kirchengemeinde legte ein Veto ein und zwar mit dem Argument, das Grabmal sehe aus wie eine Ritterburg! An dieser Entscheidung konnte auch die Friedhofsverwaltung nichts ändern (die ihrerseits nichts zu beanstanden gehabt hätte). Leider ist der Friedhof im 4500-Seelen-Ort zweigeteilt, was Familie Schetters vor der Bestattung nicht gewusst und daher nicht beachtet hatte.
Doch die frühere Handballerin Gaby ließ sich nicht entmutigen ? das Schwierigste, ihren Sohn gehen zu lassen, hatten die Schetters schon hinter sich gebracht, da sollte, so ihre Überzeugung, die Auseinandersetzung mit einem Amt, und sei es auch das der katholischen Kirche, kein unüberwindliches Hindernis darstellen. Gut sechs Monate voller Tränen, Wutausbrüchen, Gesprächen und Telefonaten später war endlich ein Kompromiss in Sicht: Sofern auf dem Grabmal ein christliches Symbol angebracht werde, könne die Pfarrgemeinde der Aufstellung zustimmen.
Gesagt, getan ? ein Kreuz wurde eingemeißelt und endlich konnte der Grabstein aufgestellt werden.


Ein Grab, das lebt


Ende Februar, fast ein Jahr nach dem Tod des kleinen Ben, war dann alles fertig.Bens Alter EgoOben auf der Bauklötzchenburg thront eine kleine Figur ? ein Geschenk von Freunden der Familie, an Stelle von Blumen. ?Mit dem Schalk in den Augen und den nackten Füßen erinnert er uns so sehr an unseren Sohn, der sich so gern die Socken aus- oder die Kabel abzog und sich dann kaputtlachen wollte, wenn alle aufgeregt in sein Zimmer strömten…?
Das bunte Kindergrab ist seitdem zu einem festen Bestandteil des Friedhofs geworden ? immer wieder dekorieren Gaby und ihre Familie es um. Mal bringt der kleine Bruder Tom ein selbstgemaltes Bild vorbei, mal tobt Schwesterchen Romy durch die Gräberreihen oder die Omi stellt zum Geburtstag ein paar Häschen und ein neues Windrad auf.
Leider geschieht es immer wieder, dass Vandalismus auch vor einem solchen Platz nicht Halt macht. Doch vielleicht hält jemand seine schützende Hand über Bens friedliches letztes Zuhause: Zwei Tage, nachdem die beiden Häschen und der Engel gestohlen worden waren, fanden sie sich wieder ...


Mit Bens Mutter sprach Michaela Pelz

 

Dienstag, 29. April 2008

James Hudson Blanks, still geboren im Juli 2006

James Hudson Blanks wurde am 14. Juli 2006 in den USA still geboren. Kurz vor dem errechneten Geburtstermin wurden die Tritte des Jungen im Mutterleib unregelmäßiger und hörten wenige Stunden vor seiner Geburt ganz auf. Seine Eltern und sein kleiner Bruder widmeten James diese Seite (in englischer Sprache), mit der sie an ihren Sohn und Bruder erinnern, aber auch andere darüber aufklären möchten, wie wichtig es ist, auf das Abnehmen des Tretens der Kinder im Mutterleib schnell und umgehend zu reagieren und sofort in ein Krankenhaus zu fahren. 


Die liebevoll angelegte Seite enthält auch eine Diashow der Momente nach der Geburt des Jungen (unter “The story of Baby James” - “Links” - “The Birth of Baby James, A photographic essay by Tiffany Thymius”). Was auf den ersten Blick irritierend wirken mag, ist auf den zweiten Blick ein Geschenk der Eltern an andere, die einer Totgeburt ins Auge sehen müssen: Die Familie nimmt umfassend Abschied von James, und obschon ihr Leid unvorstellbar groß ist, macht diese Diashow deutlich, wie unendlich wichtig und wertvoll diese Augenblicke des Abschiednehmens sind - und auch Bilder, die den kleinen Menschen in der Erinnerung greifbar machen. Die Trauer über einen Menschen, der geht, wird immer Teil des Lebens der Hinterbliebenen sein. Aber die Erinnerung kann Inseln der Ruhe und des Friedens schaffen. Der Mut der Eltern des Jungen, diese Stunden ihres Lebens zu teilen, kann vielleicht auch anderen Kraft geben, sich nach einer Stillgeburt Zeit für sein Kind zu nehmen - Zeit, sein Bild im Herzen aufzunehmen und Zeit, Abschied zu nehmen. 
[me]

29. April 2008 um 01:09 Uhr
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Sonntag, 25. November 2007

Florian Gérard

Gabriele Gérard widmet diese Seite ihrem Sohn Florian, der Freude an ihm, der Liebe zu ihm und ihrem Leben mit der Trauer um ihn - und pflegt sie seit seinem Tod im Juli 2000. Obschon jede Trauerseite für sich etwas Besonderes ist, sticht diese unter ihnen hervor: Sie macht Mut, sich seiner Trauer zu stellen. Mit ihr zu leben - mit aller Verzweiflung, aller Angst, aller Not, mit aller Liebe, allem Glück, aller süßen, fernen und doch so nahen Erinnerung. Für seine Trauer zu kämpfen, zu ihr zu stehen, sie sich nicht nehmen zu lassen und mit ihr zu leben - in einem Rhythmus, der der eigene ist und bleiben darf. Und macht so auch anderen Trauernden Mut, ihren eigenen Weg zu suchen und zu finden.

Aus den Gedanken Gabriele Gérards im siebten Jahr nach dem Tod ihres Sohnes:
“Trauer ist wie die Besteigung eines hohen Berges… Wir stehen zunächst atemlos vor dieser Aufgabe, die uns so aussichtslos erscheint. Wie sollen wir auch nur die ersten Schritte tun. Wir haben kein Werkzeug, wir haben nicht als unsere Hände. Wir nehmen das, das am nahesten liegt: Sand und türmen ihn aufeinander—- sinnlos, er rinnt uns durch die Hände, der kleine Hügel, der entsteht, sinkt immer wieder in sich zusammen - sie ein Sinnbild für uns selbst. Nein, wir haben keinen Plan, niemand, der uns sagt, wie man den Berg der Trauer erklimmt. Wir haben nur das Wissen, dass Tausende in diesem Moment vor der gleichen Aufgabe stehen, dass Millionen diese Berge bezwungen haben. [...] Lasst mir meinen Weg. Lasst Trauernden ihre Wege. Jeder muss seine Steine suchen, benennen und mit ihnen seinen ganz individuellen Pfad bauen. Schenkt uns die kleinen Steine des “Mitgefühls”, denn sie tragen uns ein Stück weiter und für sie sind wir dankbar.”

25. November 2007 um 01:19 Uhr
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