Verwaiste Eltern
Der Verein für Verwaiste Eltern und Geschwister Hamburg widmet sich seit 1990 der Begleitung jener, deren Kinder, Geschwister und Enkelkinder gestorben sind. In Gruppenabenden und mehrtägigen Trauerseminaren unterstützen und beraten sie bei der Suche nach Neuorientierung. Fast zwei Dutzend laufende Grupen werden von ausgebildeten Trauerbegleitern unterstützt. Mechthild Voss-Eiser, Studienleiterin an der Evangelischen Akademie in Hamburg, lernte auf eine Studienreise die Arbeit der ?The Compassionate Friends” (TCF) kennen und schätzen. Wieder daheim widmete auch sie sich zunehmend der Unterstützung Trauernder, zunächst im Rahmen von Vorträgen, später mit der Gründung des Vereins und seinem Ausbau. Von Hamburg aus entstanden viele weitere Gruppen für verwaiste Eltern. Seit Ende der 1980er Jahre entwickelte sich aus dem Verein die Ausbildung zum Trauerbegleiter (TBA), die heute am Institut für Trauerarbeit (ITA e.V.) ansässig ist.
Sigmund Freuds Tochter Sophie starb 1920. Sie wurde nur 27 Jahre alt. Der österreichische Arzt und Tiefenpsychologe (1856-1939) schrieb über den Tod Sophies: “Man weiß, daß die akute Trauer nach einem solchen Verlust ablaufen wird, aber man wird ungetröstet bleiben, nie einen Ersatz finden. Alles, was an die Stelle rückt, und wenn es sie auch ganz ausfüllen sollte, bleibt doch etwas anderes. Und eigentlich ist es recht so. Es ist die einzige Art, die Liebe fortzusetzen.”
Das Kindlein spielt’ draußen im Frühlingsschein,
Und freut’ sich und hatte so viel zu sehen,
Wie die Felder schimmern und die Ströme gehen -
Da sah der Abend durch die Bäume herein,
Der alle die schönen Bilder verwirrt.
Und wie es nun ringsum so stille wird,
Beginnt aus den Tälern ein heimlich Singen,
Als wollt’s mit Wehmut die Welt umschlingen,
Die Farben vergehn und die Erde wird blaß.
Voll Staunen fragt ‘s Kindlein: “Ach, was ist das?”
Und legt sich träumend ins säuselnde Gras;
Da rühren die Blumen ihm kühle ans Herz
Und lächelnd fühlt es so süßen Schmerz,
Und die Erde, die Mutter, so schön und bleich,
Küßt das Kindlein und läßt’s nicht los,
Zieht es herzinnig in ihren Schoß
Und bettet es drunten gar warm und weich,
Still unter Blumen und Moos. -
“Und was weint ihr, Vater und Mutter, um mich?
In einem viel schöneren Garten bin ich,
Der ist so groß und weit und wunderbar,
Viel Blumen stehn dort von Golde klar,
Und schöne Kindlein mit Flügeln schwingen
Auf und nieder sich drauf und singen. -
Die kenn ich gar wohl aus der Frühlingszeit,
Wie sie zogen über Berge und Täler weit
Und mancher mich da aus dem Himmelblau rief,
Wenn ich drunten im Garten schlief. -
Und mitten zwischen den Blumen und Scheinen
Steht die schönste von allen Frauen,
Ein glänzend Kindlein an ihrer Brust. -
Ich kann nicht sprechen und auch nicht weinen,
Nur singen immer und wieder dann schauen
Still vor großer, seliger Lust.”
Joseph (Karl Benedikt) von Eichendorff (1788-1857), Auf meines Kindes Tod
Eins
Freuden wollt’ ich dir bereiten,
zwischen Kämpfen, Lust und Schmerz
Wollt’ ich traulich dich geleiten
Durch das Leben himmelwärts.
Doch du hast’s allein gefunden.
Wo kein Vater führen kann,
durch die ernste, dunkle Stunde
Gingst du schuldlos mir voran.
Wie das Säuseln leiser Schwingen,
draußen über Tal und Kluft,
Ging zur selben Stund ein Singen
Ferne durch die stille Luft.
Und so fröhlich glänzt’ der Morgen
S war als ob das Singen sprach:
Jetzo lasset alle Sorgen,
Liebet ihr mich, so folgt mir nach!
Zwei
Ich führt’ dich oft spazieren
In Winter-Einsamkeit,
kein Laut ließ sich da spüren,
Du schöne, stille Zeit!
Lenz ist’s nun, Lerchen singen
Im Blauen über mir ,
Ich weine still sie bringen
Mir einen Gruß von dir.
Drei
Die Welt treibt fort ihr Wesen,
Die Leute kommen und gehen,
Als wärst du nie gewesen,
Als wäre nichts gescheh’n.
Wie sehn’ ich mich auf’s neue
Hinaus in Wald und Flur!
Ob ich mich gräm’, mich freue,
Du bleibst mir treu, Natur.
Da klagt vor tiefem sehnen
Schluchzend die Nachtigall,
Es schimmern rings von Tränen
Die Blumen überall.
Und über alle Gipfel
Und Blütentäler zieht
Durch stillen Waldes Wipfel
Ein heimlich Klagelied.
Da spür’ ich s recht im Herzen,
dass du’s, Herr, draußen bis
Du weiߑs, wie mir von Schmerzen
Mein Herz zerrissen ist!
Vier
Von fern die Uhren schlagen,
Es ist schon tiefe Nacht,
Die Lampe brennt so düster,
Dein Bettlein ist gemacht.
Die Winde nur noch gehen
Wehklagend um das Haus,
Wir sitzen einsam drinnen
Und lauschen oft hinaus.
Es ist, als müsstest leise
Du klopfen an die Tür,
Du hätt’st dich nur verirret,
Und kämst nun müd’ zurück.
Wir armen, armen Toren!
Wir irren ja im Graus
Des Dunkels noch verloren ‘
Du fandest längst nach Haus.
Fünf
Dort ist so tiefer Schatten,
Du schläfst in guter Ruh,
Es deckt mit grünen Matten
Der liebe Gott dich zu.
Die alten Weiden neigen
Sich auf dein Bett herein,
Die Vöglein in den Zweigen
Sie singen treu dich ein.
Und wie in goldnen Träumen
Geht linder Frühlingswind
Rings in den stillen Bäumen
Schlaf wohl, mein süßes Kind!
Mein liebes Kind Ade!
Ich konnt’ Ade nicht sagen
Als sie dich fortgetragen,
vor tiefem, tiefem Weh.
Jetzt auf lichtgrünem Plan
Stehst du im Myrtenkranze
Und lächelst aus dem Glanze
Mich still voll Mitleid an.
Und Jahre nah’n und geh’n,
Wie bald bin ich verstorben
O bitt’ für mich da droben,
dass wir uns wiederseh’n!
Joseph (Karl Benedikt) von Eichendorff (1788-1857), Auf den Tod meines Kindes
Der Bundesverband Verwaiste Eltern In Deutschland e.V. (VEID) hilft trauernden Familien und allen, die diese begleiten wollen, bei dem Unvorstellbarsten aller Verluste: Dem Verlust eines Kindes.
Der VEID vernetzt Betroffene, Selbsthilfegruppen, regionale Ansprechpartner, Institutionen und Helfer, bietet Erste Hilfe für Betroffene, soziales Umfeld, professionelle und ehrenamtliche Helfer und involvierte Berufsgruppen, informiert über das Thema Trauer, Bedürfnisse Trauernder und Hilfsmöglichkeiten für Trauernde und wirbt dafür, Trauernden mit mehr Offenheit und Unterstützung zu begegnen. Zu Recht. Denn es sind die Trauernden, die leben - und denen geholfen werden kann.
Lesetipps Sachbuch und Belletristik, für Kinder und Erwachsene.
Selbsthilfegruppen, nach Bundesland und weltweit.
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