Jobben Nicht nur um des Geldes, auch um der Erfahrung willen

Über 31 Prozent der Studenten finanzieren sich ihr Studium durch Nebenjobs, so fand das Hochschulinformationssystem Hannover in seiner Studie von 1999 heraus. Armes Deutschland, in dem Studenten vor lauter Selbstfinanzierungsnot nicht mehr zum Studieren kommen und die Studienzeiten sich drastisch verlängern? Ja. Und nein. Denn ein jobbender Student hat zwar weniger Zeit zum Studieren. Auf der anderen Seite aber hat er seinen nicht jobbenden BaFöG-Kollegen entscheidende Schritte voraus ? die ersten Schritte ins Arbeitsleben.

Szenekneipe oder Bürojob?

Der erste Studentenjob ist in den meisten Fällen in Gastronomie oder Callcenter angesiedelt. Doch wer sein ganzes Studium über bei dieser Art von Nebenbeschäftigung bleibt, ist selber Schuld. Denn das Jobben bietet die nie wiederkehrende, einzigartige und unschätzbar wertvolle Möglichkeit, in verschiedene Berufe hineinzuschnuppern und so nicht nur Erfahrungen zu sammeln, sondern auch vor dem Bewerben für den »richtigen« Job zu sehen, ob der angestrebte Traumberuf wirklich den eigenen Vorstellungen entspricht. Auch und gerade für Studierende eines für das Berufsleben nicht gefragten Studienganges (Geisteswissenschaftler zum Beispiel) bietet sich das Jobben zu Orientierung und Sammlung wichtiger Erfahrungen an. Und wenn Sie Ihre Tätigkeit wechseln sollten: Bitten Sie Ihren Arbeitgeber freundlich um ein Zeugnis (das Ihnen, am Rande bemerkt, auch für eine Nebenjobbeschäftigung zusteht und dessen Ausstellung Sie bei Bedarf einklagen könnten). Und so haben Sie vier Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Sie haben in verschiedenen Berufen gearbeitet und fachliche Erfahrungen gesammelt. Sie haben Zeugnisse, die etwas über Ihre Arbeitskraft aussagen. Sie haben nebenbei etwas Geld verdient. Und Sie haben den ersten Schritt gewagt, sich selbst auf dem Arbeitsmarkt zu bewegen, Ihren eigenen Marktwert einschätzen zu können ? und ein klein wenig die Scheu vor Bewerbungen und Bewerbungsgesprächen verloren.

Wer wagt, gewinnt.

Lassen Sie sich nicht von Absagen abschrecken. Jobber-Jobs in der Branche Ihres zukünftigen Traumjobs sind vermutlich schwieriger zu bekommen, als ein Kassiererjob im Supermarkt oder ein Kellnerjob im Biergarten. Halten Sie trotzdem Augen und Ohren offen, und bewerben Sie sich immer wieder. Sie haben bei einer Absage nichts zu verlieren, im Zweifelsfall kellnern Sie noch zwei oder drei Monate weiter, bis Ihnen das Bewerbungsglück hold ist. Und die Bewerbungserfahrung, die Sie in dieser Zeit gesammelt haben (auch die Erfahrung, mit Absagen umzugehen!), wird Ihnen später, beim Start ins »richtige« Berufsleben, gute Dienste leisten.

Probleme, und wie man sie umschifft Mit dem ersten Job tritt man in ein Berufsleben ein, das etlichen Regelungen unterliegt, über die man informiert sein sollte, um beispielsweise seine Rechte und Pflichten zu kennen oder den Lohnsteuerjahresausgleich anfertigen zu können und danach kein böses Erwachen zu erleben.

Vorraussetzungen

Für die im folgenden zusammengefassten Informationen haben wir zugrunde gelegt, daß Sie über den Studentenstatus verfügen. Das bedeutet: Sie studieren »hauptberuflich« an einer Fachhochschule, Hochschule, Universität oder Akademie. Der Studentenstatus bringt einen entscheidenden Vorteil mit sich: Er ermöglicht Ihnen, über die Geringfügigkeitsgrenze hinaus, weitestgehend kranken-, pflege- und arbeitslosenversicherungsfrei zu jobben. Diese Beiträge werden allerdings fällig, sobald Ihre Beschäftigung die 20-Stunden-Grenze überschreitet. Prinzipiell dürfen Sie so lange arbeiten, wie Sie möchten. Wenn aber nicht mehr zu erkennen ist, daß das Studium selbst im Vordergrund steht, kann Ihnen der Studentenstatus aberkannt werden. Das geschieht, wenn Sie regelmäßig mehr als 20 Stunden pro Woche beziehungsweise 26 Arbeitswochen pro Jahr einer Tätigkeit neben dem Studium nachgehen. Arbeitszeiten außerhalb der Vorlesungszeiten, beispielsweise Wochenend- oder Semesterjobs, fallen allerdings nicht unter diese Regelung; des gleichen Arbeitszeiten, die ausschließlich an für Sie ansonsten »freien Tagen« ausgeübt werden. Für den Zweifelsfall sollten Sie entsprechende Nachweise für die Aufteilung Ihrer Arbeitszeiten zur Hand haben.

Rechte

Jeder studentische Jobber, der für ein Unternehmen tätig wird, kommt aufgrund betrieblicher/tariflicher Vereinbarungen oder gesetzlicher Regelungen in den Genuß der gesetzlich festgelegten Arbeitnehmeransprüche. Nach dem Gleichbehandlungsgebot sind Studenten, Schüler, Aushilfen oder Praktikanten wie »normale« Arbeitnehmer zu behandeln. Das heißt, auch Jobber können sich im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses uneingeschränkt auf das Arbeitsrecht berufen. Sie haben in diesem Kontext (im Verhältnis zum Beschäftigungsumfang) zum Beispiel Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Nachtarbeitszuschlag, Urlaubs- oder Weihnachtsgeld.

Lohnsteuer

In den allermeisten Fällen werden Sie auf Lohnsteuerkarte jobben. Diese Variante ist günstig für Sie, da die gewährten Steuerfreibeträge für Studenten häufig nicht von dem tatsächlichen Jahresverdienst überschritten werden. Überschreiten Sie die Steuerfreibeträge nicht, erhalten Sie durch den Lohnsteuerjahresausgleich, den Sie am Ende des Jahres anfertigen müssen, von Ihrem Finanzamt sämtliche über das Jahr hinweg einbehaltenen Steuern zurück. Steuerrechtlich haben Studierende keinen Sonderstatus.

Für sie gelten insofern auch alle steuerrechtlichen Vergünstigungen wie Werbungskosten oder Sonderausgaben, etwa Aufwendungen für das Studium. Das bedeutet: Wenn Sie sich Bücher, Hefte oder einen neuen Computer kaufen; wenn Sie Anfahrtskosten zu Ihrer Universität haben oder Bewerbungsgespräche führen ? sammeln Sie die Quittungen. Denn mit jeder dieser Quittungen erhöhen Sie beim Lohnsteuerjahresausgleich Ihren Steuerfreibetrag. Arbeiten Sie in zwei Jobs bei zwei unterschiedlichen Arbeitgebern, so müssen Sie beim Finanzamt eine zweite Lohnsteuerkarte (in der Regel Steuerklasse IV) beantragen. Die Abzüge auf Ihren Bruttolohn (das, was Sie theoretisch ohne Abzüge verdienen) sind beim Arbeiten auf diese zweite Lohnsteuerkarte sehr hoch.

Das bedeutet: Ihr Nettolohn (das, was Sie am Ende des Monats tatsächlich ausgezahlt bekommen) kann unter Umständen sehr gering sein. Bevor Sie aber aufgrund dessen den zweiten Job nicht annehmen, nehmen Sie sich kurz Zeit und errechnen Folgendes: Nehmen Sie Ihren Lohnsteuerfreibetrag, und addieren Sie darauf Ihre potentiellen Werbungskosten etc. Dann errechnen Sie, was Sie (auf der ersten und der zweiten Lohnsteuerkarte gemeinsam) Brutto im Jahr verdienen. Liegt Ihr Verdienst unter der von Ihnen errechneten Freibetragssumme, so bekommen Sie am Ende des Jahres ausnahmslos alle abgezogenen Steuern zurück ? und unter diesen Umständen lohnt sich der zweite Nebenjob dann vielleicht doch.

Sozial-, Kranken- und Rentenversicherung

Studenten unterliegen der Sozialversicherungspflicht und seit 1996 auch der Rentenversicherungspflicht. Sobald der Student über die Geringfügigkeitsgrenze hinaus jobbt, müssen Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 19,1%, (zur Hälfte vom Studenten und vom Jobgeber) entrichtet werden. Der Arbeitgeber behält also 9,55% von dem mit Ihnen vereinbarten Bruttolohn ein und leitet ihn weiter, der Rest ist Ihr Nettolohn. Achtung: Bei einem regelmäßigen eigenen Einkommen, das monatlich über der Geringfügigkeitsgrenze liegt, können Sie sich nicht mehr in der Familienversicherung mitversichern lassen, sondern müssen sich selbst krankenversichern. Fragen Sie bei Ihrer Krankenkasse nach, es gibt hier besonders günstige Studententarife. Sollten Sie Ihren Studentenstatus verlieren, kämen an dieser Stelle noch die Arbeitslosenversicherung (mit derzeit 6,5 %) und die Pflegeversicherung (mit derzeit 1,7 %) hinzu; außerdem würde sich der Beitrag der Krankenversicherung erhöhen.

»Geringfügige Beschäftigung«

Unabhängig davon, ob Student oder nicht und ob Sie in Ost- oder Westdeutschland arbeiten: Wer weniger als 15 Stunden pro Woche arbeitet und nicht mehr als den Satz für Geringfügige dabei verdient gilt als geringfügig beschäftigt. Daraus folgt: Er selbst muß seinen Lohn nicht versteuern, lediglich der Arbeitgeber zahlt pauschale Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung. Sie können im Jahr durchaus mehr als zwölf Mal diesen Betrag verdienen ? vorausgesetzt, Sie werden über die vereinbarte Arbeitszeit hinweg »gelegentlich« und »nicht vorhersehbar« eingesetzt, und zwar maximal zwei Mal im Jahr und insgesamt über nicht mehr als zwei Monate hinweg. Der Wirbel, der vor einigen Jahren um das »neue 630-DM-Gesetz« gemacht wurde, hat für Studenten wenig Auswirkungen, da sie aufgrund ihres Studentenstatus nach wie vor über die Geringfügigkeitsgrenze hinaus kranken-, pflege- und arbeitslosenversicherungsfrei jobben kann.

Kurzfristige Beschäftigung/Aushilfsbeschäftigung

Diese Form der Arbeit ist vor allem für Semester(oder Schul-)ferien gedacht. Sie bleibt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sozialversicherungsfrei. Die Einnahmen werden nicht mit denen aus anderen Jobs zusammengerechnet. Es gibt nur eine Bedingung: Diese Beschäftigung ist im Voraus auf maximal 50 Tage/2 Monate im Jahr befristet. Das Annehmen mehrerer kurzfristiger Jobs ist möglich, solange die Zeitgrenzen nicht überschritten werden.

Selbstständig, Freiberuflich oder freier Mitarbeiter?

Hier sind die Grenzen häufig fließend, und eine Zuordnung ist nicht leicht zu treffen. Wenn Sie eine freiberufliche Tätigkeit annehmen, schicken Sie innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit eine Notiz an Ihr Finanzamt (mit Ihrer bisherigen Steuernummer und dem Datum der Aufnahme, Arbeitsort und Art der freiberuflichen Tätigkeit) und richten Sie sich nach dessen »Urteil«. Jeder selbstständig tätige Jobber sollte sich allerdings zwingend mit den Bereichen Umsatzsteuer, Rechnungsstellung und Mahnwesen auseinandersetzen, ehe er die selbstständige Tätigkeit aufnimmt. Denn der Umgang mit diesen Bereichen gehört von nun an zu seinem täglichen Brot. Darüber hinaus bilden diese Aspekte die Basis für Ihren Lohnsteuerjahresausgleich. Wer seinen Erwerb aus selbstständiger Tätigkeit nicht beim Finanzamt meldet, macht sich strafbar. Unwissenheit schützt auch hier nicht vor Strafe. Wenn das Finanzamt Ihnen im Rahmen einer Steuerprüfung (die nicht nur Ihnen, sondern zum Beispiel auch einer Firma drohen kann, mit denen Sie Rechnungen ausgetauscht haben) auf die Schliche kommt, blüht Ihnen im besten Fall eine saftige Nachzahlung und in schlimmsten Fall eine gerichtliche Klage. Seien Sie kritisch bei sogenannten Jobs auf selbstständiger beziehungsweise freiberuflicher Basis: Hier sollten Sie durch Ihre Krankenkasse prüfen lassen, ob es sich möglicherweise bei dem Ihnen angebotenen Job um eine sogenannte »Scheinselbstständigkeit« handelt. Um Sozialabgaben zu sparen versuchen Arbeitgeber nicht selten, ihre Arbeitnehmer in die Selbstständigkeit zu »drängen«. Kriterien für einen Gewerbetreibenden sind a) das eigenständige Ausüben einer erlaubten Tätigkeit, b) persönliche Unabhängigkeit, c) eine Gewinnerzielungsabsicht des Gewerbetreibenden und d) eine regelmäßige Ausübung der Tätigkeit.

Bis zu 10.000 Euro im Monat ? Seriöser Nebenverdienst von zu Hause aus!

Wenn Sie derartige Anzeigen in Zeitschriften und Zeitungen sehen, raten wir Ihnen: Finger weg davon! In den allermeisten Fällen werden Sie hier freundlich aufgefordert, eine 0190-Nummer anzurufen, um nähere Informationen zu erhalten. Tun Sie es nicht. Der einzige, der dabei reich wird, ist der Inserat dieser Anzeige ? und vielleicht die Deutsche Telekom. Eine weitere Lockvogelvariante ist die Aufforderung, Ihnen würden viele Adressen für lukrative Nebenjobs zugesendet, wenn Sie einen Umschlag mit Porto an Adresse XY senden würden. Auch hier gilt: Vergessen Sie es. Genauso wie horrende Jobangebote für Fotomodellshootings für Ungelernte (an die sich meist ein teures Seminar anschließt, das Voraussetzung für Ihre Aufnahme in eine dubiose Kartei ist) oder das Sortieren von Kugelschreibern von zu Hause aus (bei dem zuerst für 50 Euro weiteres Infomaterial angefordert werden muß und Sie überdies mit den Bastelkomponenten in Vorleistung treten müssen ? wenn Ihnen überhaupt je jemand Ihre »Ware« abkauft). Des weiteren empfehlen wir Ihnen, sich nie auf Stellenanzeigen zu melden, die Ihren Firmennamen/Adresse in der Anzeige nicht nennen. Genau genommen ist der »Abzock« mit den Jobsuchenden ein eigener »Arbeitsmarkt« für sich. Einer, auf den hereinzufallen Sie sich nun ersparen können.

Weitere interessante Seiten für Jobber: - http://www.infosteuern.de/ (Informationen um das Thema Steuern) - http://www.arbeitsrecht.de/stud_info.htm (Arbeitsrecht für Studenten) Anmerkung: Für alle hier gemachten Angaben gilt: Gesetze ändern sich, und nicht jeder Präzedenzfall kann an dieser Stelle erfaßt werden. In schwierigen Situationen wenden Sie sich mit Ihren Fragen am besten an das Arbeitsamt Ihrer Stadt.

© Momo Evers - verfaßt für Westerwelle Consulting & Media 2001