Privates Surfen am Arbeitsplatz

Hand auf’ s Herz: Surfen Sie hin und wieder am Arbeitsplatz? Verschicken private eMails oder lesen sie? - Ja? Dann sollten Sie wissen, welche rechtlichen Konsequenzen Ihr Arbeitgeber daraus ziehen kann.

Böses Erwachen

Im Sommer 1999 fand Thorsten Helm [Name von der Redaktion geändert] nach seinem Urlaub eine böse Überraschung auf seinem Schreibtisch vor: Eine verhaltensbedingte Kündigung. Der Grund: Private Internetnutzung während der Arbeitszeit. Was war geschehen? Thorsten Helm arbeitete als Redakteur bei einer westfälischen Medienfirma. Die Online-Nutzung zu privaten Zwecken war allen Mitarbeitern des Verlagshauses von 18 bis 19 Uhr gestattet. Helm allerdings recherchierte auf Grund seiner redaktionellen Tätigkeit täglich im Internet und verfügte insofern von Seiten der Geschäftsleitung aus über einen Vollzeitzugriff. Während Helm im Urlaub war, inspizierte die Geschäftsleitung seine eMails; öffnete auch jene, die im Header als »privat« gekennzeichnet waren, las sie und druckte die »spannendsten«, so Helm, aus. Anhand der LogFiles verfolgten sie die Bewegungen ihres Mitarbeiters durch das Internet. Thorsten Helm war im Rahmen seiner redaktionellen Tätigkeit auch für die Betreuung einiger Communities zuständig, so daß Privates und Geschäftliches in Mailverkehr und Internet-Nutzungsverhalten schwer zu trennen war. Zeitgleich mit Helm wurden weitere Mitarbeiter entlassen ? die Firma war in finanziellen Schwierigkeiten. Thorsten Helm suchte zuerst den Dialog mit seinem Arbeitgeber ? vergebens. Da er die fristlose Kündigung nicht hinnehmen wollte, entschloß er sich zu einer Klage. Das Düsseldorfer Amtsgericht entschied: Die streckenweise Fehlnutzung des Rechners zur Arbeitszeit ? nämlich zu nicht klar als beruflich notwendig bedingen Zwecken ? war zwar verboten (da nicht ausdrücklich erlaubt), hätte eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung aber nicht gerechtfertigt. Das Urteil lief auf einen Vergleich hinaus, bei dem der Arbeitgeber immens hohe Kosten für Arbeitsausfall und Rechnernutzung angab ? und damit durchkam. Ausdrücklich nicht beantwortet wurde die Frage, ob die Firma die privaten eMails von Thorsten Helm hätte lesen dürfen.

Die heutige Lage

Ein paar Jahre und etliche Urteile später ist die rechtliche Lage noch immer nicht hundertprozentig geklärt. Empfangen und Versenden privater eMails sowie das Surfen während der Arbeitszeit können, wie auch die private Nutzung des Telefons, zu Abmahnung oder Kündigung durch den Arbeitgeber führen, so der Rechtsanwalt Jürgen Sauerborn. Die Kontrolle des Computernetzwerkes sei dem Arbeitgeber dennoch nur in Ausnahmefällen erlaubt, das Telekommunikationsgesetz (TKG) sowie das Datenschutzgesetz (DSG) hierbei bindende Grundlage. Das Überprüfen der eMails ist dem Arbeitgeber nur bei konkretem Verdacht und ? wo möglich ? nach Absprache mit dem Betriebsrat erlaubt. Was bedeutet: Die Menge der privaten eMails darf unter Umständen überprüft werden, nicht aber ihr Inhalt. Die meisten Gerichtsbeschlüsse versuchen, den Dialog zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu fördern: Die Nutzung der Neuen Medien kann nach überwiegender Meinung durch freie Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geregelt, eine einmal erteilte Zusage nicht einseitig widerrufen werden. Liegt kein ausdrückliches Verbot des Arbeitgerbers vor, so kann von einer Duldung im zumutbaren Rahmen ausgegangen werden.

© Momo Evers - verfaßt für jobpilot im Auftrag von Westerwelle Consulting & Media 2001