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Verlagsgründung
Chance oder Selbstausbeutung?
Machen wir uns nichts vor - Bücher gibt es wie Sand am Meer. Genau genommen etwa 50.000 Neuerscheinungen pro Jahr. Die großen Buchkonzerne - namentlich: Springer, Holtzbrinck und Bertelsmann ? kaufen mittlerweile selbst mittelständische Verlage (wie den Münchener Heyne-Verlag) auf und verfügen über eine immense Macht auf dem Buchmarkt, gegen die ein kleiner Verleger auf den ersten Blick hoffnungslos unterlegen ist. Kurz und gut: Sich mit einer Verlagsgründung selbstständig zu machen, ist nicht so einfach. Und wer je mit dem Gedanken gespielt hat, hat es gewiß bereits gehört: »Arbeitsaufwendig! Selbstausbeutung! Unlukrativ!«
Das entspricht zweifelsohne gerade in der Anfangszeit der Wahrheit. Und dennoch finden sich immer wieder Menschen mit Mut und Pioniergeist, die das Abenteuer wagen, einen eigenen Verlag zu gründen. Sei es aus Liebe zu Kunst und Literatur an sich oder aus dem Wunsch heraus, die eigenen Werke verlegt sehen zu wollen.
Wissen ist Macht
Das A und O einer jeden Gründung ist, sich dem Schritt in die Selbständigkeit mit Umsicht und Bedacht zu nähern. Menschen mit Liebe zu Büchern haben nicht selten ein stark ausgeprägtes musisches Interesse. Zahlenkolonnen, Kalkulationen und Marketing sind ihnen häufig fremd, wenn nicht gar ein Graus. Und trotzdem sind es auch diese Faktoren, die unerläßlich für den Erfolg eines Verlages sind - neben einer guten Idee, persönlicher Begeisterung und Engagement und einer Vision, für die man freiwillig große Mengen an unbezahlten Überstunden zu leisten bereit ist, ehe sich die Sache eines Tages rentiert.
Von Überlegungen über die Unternehmensform und Finanzierung des Verlages über den Gang zum Finanzamt, die Gewerbeanmeldung bis zur Herstellung gibt es Vieles zu bedenken. Gründe ich meinen Verlag als GmbH, GbR oder AG? Was ist VlB, was CIP und wie bekomme ich eine ISBN? Wie steht es mit Titelschutz, Preisbindung, Mehrwertsteuer, Verlagsverträgen, Urheberrechtsbestimmungen oder Lizenzen und ....? - Halt! Man sieht: Vorplanung ist Vonnöten. Wissen ist Macht ? gerade als Selbständiger in einem Marktsegment, in dem Neugründer nur noch in Nischen eine Chance haben. Es gibt einige gute Bücher, die bei dieser Vorplanung helfen und die man ? neben dem Steuerberater und der Bank - unbedingt konsultieren sollte, ehe man den Schritt zum eigenen Verlag wagt. Denn jeder Fehler, den ein frisch gebackener Verlagschef macht, kostet ihn bares Geld. Und es gibt einige Fehler, die nahezu jeder Verlagsgründer bereits einmal gemacht hat und die insofern vermieden werden können.
Die Geburt eines neuen Verlages
Ein Patentrezept gibt es nicht. So eigenwillig wie jeder Gründer ist, ist es auch jeder Verlag. Ein Verlagsgründer, der es geschafft hat, von dem Erlös seiner (Knochen-)Arbeit zu leben, ist Oliver Hoffmann, Mitgründer des Mannheimer Fantasy-Nischenverlags Feder & Schwert; seines Zeichens Magister der Germanistik, Politikwissenschaften und Medienwissenschaften.
1989 als Non-Profit Unternehmen gegründet (jeder der 5 »Verlagsgründer« legte 420 DM auf den Tisch, was die Publikation des ersten Werkes ermöglichte), wurde im Jahre 1993 aus dem Hobby Ernst. Der amerikanische Verlag White Wolf bot Feder & Schwert die Lizenz zur Übersetzung und Veröffentlichung ihrer umfangreichen Produktpalette an. Der Verlag nahm das Angebot an, und dieser Schritt bezeichnete gleichzeitig einen Wendepunkt in dem Leben seiner Mitarbeiter. Zwei stiegen aus, ein neuer kam hinzu ? und wer dabei blieb, verschrieb sein Leben in den nächsten Jahren dem Aufbau des kleinen Verlages. Jeder der Eigentümer hatte ursprünglich andere Berufsziele ? der eine strebte eine Universitätskarriere an, die andere die Arbeit als Pfarrerin.
GbR oder GmbH?
Die Gesellschaftsform des Verlages war von Anfang an die der GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts). Dies, so Verlagsgründer Hoffmann, sei auch der Weg mit den geringsten bürokratischen Hürden. Lediglich 50 DM für den Eintrag der GbR beim Ordnungsamt bedurfte es, um das Unternehmen offiziell zu gründen. Wird im Gesellschaftervertrag aus Unerfahrenheit ein Punkt vergessen oder ist er unklar formuliert greifen im Zweifelsfall die Richtlinien des BGB (des Bürgerlichen Gesetzbuches).
Im Gegensatz dazu war beispielsweise bei einer GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) eine Einlage von 50.000DM erforderlich, des weiteren eine doppelte Buchführung (die recht kompliziert zu handhaben und deren Fremdvergabe vergleichsweise kostspielig ist) und nicht zuletzt eine notarielle Beurkundung des GmbH-Vertrages.
Allerdings ist es wichtig, so Hoffmann, nur dann eine GbR zu gründen, wenn man wirklich von dem Erfolg seines Produktes überzeugt ist. Denn bei einem Scheitern des Unternehmens haftet jeder Eigner der Gesellschaft für die Gesamtsumme mit seinem Privatvermögen. Ein riskantes Unterfangen also, das seine Eigner in den Ruin treiben kann, wenn das Gesellschaft Konkurs anmelden muß.
Tips und Tricks oder: Faustregeln für den Verleger
Im Falle von Feder & Schwert wurde nach der Lizenzübernahme des amerikanischen Verlages kein Bankkredit aufgenommen. Jeder der Verlagsgründer brachte 10.000 DM Eigenkapital ein; und bis heute wird höchstens mit einem Kontokorrentkredit der Bank (einer Art großzügigem Überziehungskredit) gearbeitet. Laut Hoffmann der entscheidende Grund für die gesunde finanzielle Lage des Verlages. Seine Faustregel: »Alle Ausgaben dürfen stets nur aus den Einnahmen finanziert werden.« Das ist, so gibt er selbst zu, sehr hart und erfordert ein großes Maß an Disziplin.
Eine weitere Sache, die die Mannheimer Verleger gelernt haben ist, Umsatz nicht mit Profit zu verwechseln. Höchstens 10% eines verkauften Buches können als tatsächlicher Gewinn verbucht und in neue Projekte oder Anschaffungen gesteckt werden. In diesem Kontext ist eine saubere Kalkulation unerlässlich. »So manch kleiner Verlag ist schon daran gescheitert, daß er bei der Kostenkalkulation lediglich auf den ersten Blick ersichtliche Produktionskosten wie Layout, Autorenhonorar oder Druck berücksichtigte; Fixkosten wie Büromiete, Werbung, Telefon oder Strom aber vergaß und so in die roten Zahlen schlitterte«, so der Mannheimer Verlagschef.
Ein weiterer Fallstrick: Mit größerer Auflagenhöhe sinkt der Einzelpreis für die Herstellung eines Buches. Der Mannheimer Verlag hielt seine Auflagen dennoch gering. Hoffmann: »Hohe Auflagen zu fahren um Geld zu sparen ist für kleine Verlage ein Denkfehler, denn es bindet große Mengen an Kapital, die dann nicht mehr für neue Produkte freistehen.« Lieber solle ein kleiner Verlag regelmäßige Publikationen und eine größtmögliche Produktpalette anstreben, statt sein Kapital in der Großauflage weniger Werke zu binden, auf denen er im schlechtesten Falle sitzen bleibt.
Über den Berg
Mittlerweile können die Mitarbeiter des Mannheimer Verlages von ihren Einkünften leben ? und sind ein Ausbildungsbetrieb geworden. In naher Zukunft wird Feder & Schwert seine Gesellschaftsform wechseln und zu einer GmbH werden ? ein Unterfangen das, laut Steuerprüfer, erst ab einem Jahresumsatz von 1,5 Millionen sinnvoll erscheint.
Hoffmanns Fazit: »Das Klischee vom ständig überarbeiteten Selbstständigen ist nicht ganz richtig. Als Selbstständiger hat man soviel freie Zeit, wie man möchte. Allerdings: In der Aufbauphase des Unternehmens erfordert dieses eine schiere Unmenge an Zeit und Engagement. Wer in dieser Anfangsphase nicht bereit ist, diese Zeit zu investieren, sollte sich lieber eine Festanstellung in einem bereits bestehenden Unternehmen suchen. Nicht jeder ist für die Selbständigkeit geschaffen.«
Bücher zum Thema Verlagsgründung und -führung:
* Plinke, Manfred: Mini-Verlag: Verlagsgründung, Selbstverlag, Kleinverlag, Verlagsmarketing, Werbung, PR, Verkauf. Autorenhaus-Verlag
* Börsenverein des deutschen Buchhandels (Hg.) Recht im Verlag. Ein Handbuch für die Praxis.
* Lutz, Peter: Das Recht der elektronischen Medien im Verlag. Wiley VCH.
* Stiehl, Ullrich und Hauswedel & Co., Dr. Ernst: Der Verlagsbuchhändler, Hamburg.
* Behm, Holger u.a.: Büchermacher der Zukunft. Marketing und Management im Verlag. Primus.
* Mäckler, Andreas u. a.: Books on demand. So verkaufen Sie Bücher im Internet. Sequenz Medien.
* Schönstedt, Eduard: Der Buchverlag. Metzler.
© Momo Evers