2005 - 2. Quartal

aus: Nautilus Abenteuer & Phantastik, Nummer 26/2005

Phantastische Buch-Highlights im zweiten Quartal 2005
Kino im Kopf

Eine Auswahl aus aktuellen und kommenden Büchern

Die Leipziger Buchmesse ist vorüber, die Frankfurter noch zu weit entfernt, und der Buchmarkt fällt einmal mehr in sein alljährliches Sommerloch. Reisebücher allerorten, aber in der Phantastik und Fantasy stehen die Segel auf Halbmast. Neuausgaben, wohin das Auge schaut (etwa die »best of« Steven King bei Ullstein im Juni) und ? wie bereits in der letzten NAUTILUS angekündigt ? eine Menge Märchenbücher zum Andersen-Jahr. Ein besonders schönes Exemplar gibt es seit März bei cbj: Das slowakische Künstlerpaar Du?an Kállay und Kamila ?tanclová hat die melancholisch-schönen Geschichten in dreijähriger Arbeit wunderschön neu illustriert. Bei 544 Seiten, Leineneinband und Schmuckschuber sind auch 39 ? für Märchenliebhaber gut investiert. Auch mit Das Leben ist das schönste Märchen, denn darin kommen wir selbst vor (Beltz) hat Sabine Friedrichson ein traumhaft-poetisches Bilderbuch mit ergänzenden Texten des großen Märchenerzählers geschaffen, in dem sie Andersens Leben in Briefen, Tagebucheinträgen und Reisezeugnissen nachspürt und die Verbundenheit zwischen dem Werk des Dichters und seinem Traum, berühmt zu werden, auf einfühlsame Weise illustriert. Die Illustratorin hat für das aufwändig gearbeitete 48-Seiten-Werk bravourös recherchiert, und so wird die Welt des kleinen Jungen, der auszog, um berühmt zu werden, auf wundervolle Weise lebendig ? für Kinder und Erwachsene ein Buch zum Träumen.

Einzeltitel

Machen wir uns nun unverzagt und guten Mutes auf zu unserem Streifzug durch die restlichen rar gesäten Neuerscheinungen.

Das Handbuch für Helden (ab Mai bei Piper) erzählt von Prinzessin Becky und Prinz Kevin, die nach Anleitung des »Handbuchs für Helden« gegen den finsteren Lord Voltmeter kämpfen. John Moore erfreut einmal mehr die Herzen von Satire-Liebhabern.

Gleichfalls ab Mai folgt der junge Will dem Pfad der Steine (Heyne). Robert Carter erzählt einmal mehr von einem Auserwählten, der einem Königreich Frieden bringen soll. Auch dies ein weidlich bekanntes Motiv, das allerdings mit leichter Hand und viel Liebe zur Abenteurerei geschrieben ist.

Ein phantastischer Mystery-Thriller ist Cherith Baldrys Der venezianische Ring (ab Juni bei Piper). Im apokalyptischen Venedig der Zukunft kämpfen die letzten freien Menschen der untergehenden Stadt gegen religiöse Fanatiker, herrschsüchtige Fürsten und die Macht einer uralten Reliquie in den Händen eines Tyrannen.

Märchenschön, voller Phantasie und Fabulierlust, zeigt sich Kai Meyer in Frostfeuer (Loewe, Juni) einmal mehr von seiner besten Seite. Das stimmungsvolle Cover verbirgt einen herrlichen Leseschatz. Niemand Geringeres als die Schneekönigin selbst steigt im Sankt Petersburg des 19. Jahrhunderts im Grand Hotel am Newski Prospekt ab und mietet sich in der Zarensuite ein. Ein gestohlener Eiszapfen vom Herzen der eisigen Königin; eine Magierin, deren Regenschirm man nicht öffnen darf, weil einem sonst daraus eine andere Welt auf den Kopf fallen könnte; eine Revolution gegen den Zaren und ein junger Dieb sind nur einige Aspekte, aus denen Meyer seine opulente Ode an Hans Christian Andersen zu stricken weiß.

Asha ist eine Dämonin. Jahrhunderte lang war sie gefangen, doch jetzt ist sie frei ? und sehr, sehr hungrig. Ob es ihr gelingen wird, die Grenzen zwischen den Welten einzureißen, oder ob ein kleiner Junge und eine Frau aus dem Geschlecht der Engel sie aufhalten können, erzählt Justine Wilson in ihrem Erstling Blood Angel (Droemer Knaur, Juni).

Dämonisches lauert im finsteren Grenzwald, und der Kontakt zu den dort stationierten Schutztruppen bricht ab. Eine Gruppe Ranger wird ausgesandt, und findet Das dunkle Fort (Piper, Juli) verlassen vor. Ein düsterer Fantasy-Roman, der nicht nur zart besaitete Gemüter das Fürchten lehrt.

Seit diesem Jahr heißt der kleine engagierte goverlag Kleinbuch-Verlag; Grund genug für seinen Verleger Udo Mörsch, bereits im April sein eigenes Buch Wolfsfeuer herauszugeben. Der Wolfsgott Dabo und seine Schattenbrut wollen die Herrschaft über die Menschen erlangen, doch einige von Dabos Dienern waren einst selbst Menschen. Ob eine Heldengruppe das Schicksal der Welt zum Besseren wenden kann, verrät die engagierte und stark überarbeitete Neuauflage.

Reihen

Im Mai schlägt R. A. Salvatore mit Der dunkle Mönch (Blanvalet) erneut zu. Ein geheimnisvoller Maskierter stellt sich im von Kriegen und Abgaben geplagten Corona dem Adel und seinen Schergen, während er versucht, seiner eigenen Vergangenheit zu entkommen. Nicht nur für Salvatore-Fans düster-fesselnde Unterhaltung.

Mit Chris Wooding hat sich Bastei einen guten Jugendbuch-Autor (Alaizabel Cray) ins Verlagsboot geholt, der sich mit Das Gambit der Kaiserin (erscheint im Juni, der erste Titel war Die Weber von Saramyr) an die Fortsetzung seiner fernöstlichen Fantasy-Erzählung für das ?erwachsene Publikum? wagt. Der Plot ist fesselnd geschrieben; inhaltlich facettenreich, sprachlich dem Genre angemessen und für eine lange Bahnfahrt wärmstens zu empfehlen.

Tochter der Zeit (Heyne, Juni) setzt Elisabeth Haydon die Geschichte um die magiebegabte Sängerin Rhapsody und ihre Gefährten auf der Flucht vor einem dämonischen Feuerwesen fort. Inhaltlich nicht gerade innovativ, aber handwerklich eshr solide und schön zu lesen. 

Die Herrscher des Drachen (Blanvalet, Juli) ist der erste Teil einer Trilogie, in denen Margaret Weis von Hohepriesterinnen, Drachenherrscherinnen und Heldinnen generell erzählt. Diese beschützen das Land Seth gegen die bösen Drachen. Wie an der Innen-Inflation unschwer zu erkennen, handelt es sich um einen Frauentitel, der sich der Tradition von Marion Zimmer-Bradley verpflichtet sieht und dieses Versprechen auch gut zu erfüllen versteht.

Auch Der Elfenkönig (Juli, Heyne) ist ein Reihen-Erstling. Julienne Lee schreibt von den Rittern der Zeit, einem Piloten und einer Reporterin, die von einem Sturm über Schottland ins frühe 14. Jahrhundert katapultiert werden. Dort verlieben sie sich nicht nur ineinander sondern treffen auch auf den Elfenkönig, der sich leider als wenig kooperativ erweist. Nettes Lesefutter »für zwischendurch«.

Seinen Abschluss hingegen findet Harald Evers? Höhlenwelt-Saga im Juli mit Das Geheimnis der Höhlenwelt (Heyne). 

Gleichfalls im Juli erscheint (endlich) der zweite Teil der Trilogie rund um den Dschinn Bartimäus und Nathanael, den Magierlehrling. In Bartimäus und das Auge des Golems (cbj) gesellt sich eine weitere Protagonistin hinzu, die in Bartimäus und das Amulett von Samarkand nur am Rande Erwähnung fand: die Widerstandskämpferin Kitty. Bartimäus selbst kommt etwas seltener zu Wort, dafür rücken Nathanel und Kitty mehr in den Mittelpunkt der Erzählung, was Spannung und Intensität keinen Abbruch tut. Band 3 wird The other place heißen und erscheint auf dem englischsprachigen Markt bereits im Oktober. Bleibt zu hoffen, dass das Übersetzerteam auch hier schnelle ? und wie gewohnt gute ? Arbeit leistet. Wer Band 1 noch nicht kennt, kann bedenkenlos beide Bände zur Kasse tragen: Es lohnt sich.

Serien

FanPro war schneller als geplant: Der ursprünglich für Juni 2005 angekündigte Zwergen-Roman Dunkle Tiefen von Daniela Knor erschien bereits im April. Die gut recherchierte Erzählung ist spannend, mit viel Action, schöner Charakterentwicklung und garniert mit einer Pries Horror. Die junge Autorin hat sich einmal mehr als ein Glücksgriff für den Erkrather Verlag erwiesen. Mögen diesem noch viele weitere Romane aus der Feder von Daniela Knor folgen.

Auch der zweite Autorenstern am FanPro-Himmel erfreut Shadowrun-Leser im Mai mit einem neuen Titel. In Wiedergänger erzählt Maike Hallmann von Rache und Einsicht und einem gemeinsamen Feind: dem Magier Sakata.

Mit Gezeiten des Krieges (Heyne) gibt es ab Mai ein neues Abenteuer von Loren Coleman in der Mechwarrior-DarkAge-Serie.

Jugendbuch

Mangels Anthologien widmen wir uns einer neuen Unterrubrik. Dass das Jugendbuch auch für die ältere Lesegeneration unzählige Schätze bereithält (und es mit der Phantastik oft deutlich genauer nimmt), ist für viele kein Geheimnis mehr. Auch im Sommer gibt es in diesem Segment wieder viel Entdeckenswertes für lange Schmökerstunden.

Eine hervorragende Geistergeschichte in der Tradition des Kino-Thrillers Sixth Sense bietet Sternennächte, das bereits im April bei Hanser erschein. Jess und ihre Familie ziehen um, doch in dem neuen Haus geht es nicht mit rechten Dingen zu. Während ihre Schwester alle mit absurden und abergläubischen Verhaltensregeln nervt, hat ihr Bruder seine Kartons gar nicht erst ausgepackt, und ihre Mutter liegt stumm und abwesend in ihrem Zimmer. Jess hat das Gefühl, beobachtet zu werden, und weiß sich doch selbst nicht zu helfen. Der dicht erzählte Thriller geht unter die Haut und überrascht nicht zuletzt mit einem unerwarteten Ende.

Auch Sag mir, was du siehst (Carlsen) bringt mit dem hervorragenden Zoran Drvenkar bereits jetzt Grusel pur in den Lesesessel. Als Alissa am Weihnachtsabend das Grab ihres Vaters besucht, stürzt das Gewölbe einer Gruft ein und fördert einen Sarg mit der Leiche eines Jungen zu Tage, aus dessen Brust der Stiel einer Pflanze emporragt. Alissa reißt sie aus und nimmt sie mit, und ihre Welt verändert sich auf unheimliche Weise.

In Das Elfenportal (dtv, Mai) wendet sich Herbie Brennan der klassischen Phantastik zu: Ein Schmetterling entpuppt sich unvermutet als Elfenprinz, und der Menschensohn Henry muss ihm helfen, vor den Nachtelfen zu fliehen und ein Tor zurück in sein Reich zu finden. Mit Der Purpurkaiser erscheint (ebenfalls im Mai) auch gleich die Fortsetzung des turbulenten Romans, der den Leser mit seiner Situationskomik mehr als einmal zum Lachen bringt.

Nachgerade zauberhaft geht es ab Juni in T.A. Barrons Merlin-Roman und Meeresabenteuer Das Wunder der angehaltenen Zeit (dtv junior) zu. Ein Mahlstrom vor der mexikanischen Küste spült Kate über Bord eines Forschungsschiffes und an Deck des 1547 gesunkenen Seglers Resurrección, auf dem sich das legendäre Trinkhorn Merlins befinden soll. Doch dieses ist in der Hand eines sonderbaren Mönches, der nicht vorhat, es wieder herauszurücken, denn auch die hinter dem Mahlstrom lebende Meereshexe, eine Gegenspielerin Merlins, tut alles, um das Horn in ihren Besitz zu bringen. Einmal mehr beweist Barron eine einzigartig liebevolle Herangehensweise an das Thema Natur und schickt mit Kate eine durch und durch liebenswerte Heldin ins Land der Abenteuer.

Mit Ausgeblendet schließlich (ab Juli bei cbj) nimmt sich Robert Cormier einem klassischen Thema der Fantasy an: Der Unsichtbarkeit. Allerdings spielt das Buch fernab phantastischer Welten im Hier und Jetzt. Paul hat die Fähigkeit geerbt, sich unsichtbar zu machen, doch er setzt sie im Affekt ein, um eine Gewalttat zu verüben und schwört, seine Gabe nie wieder zu benutzen. Doch er vererbt sie weiter, und wird viele Jahre später mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Keine klassische Fantasy, dennoch ein wundervolles Buch, das unter die Haut geht.

Und sonst?

Mit Harry Potter and the Half-blood Prince (J.K.Rowling, Bloomsbury) erscheint im Juli der sechste Teil der Jahrhundertserie; mit der deutschen Übersetzung bei Carlsen dürfte somit spätestens aber zum Weihnachtsgeschäft zu rechnen sein. Rowling zur Folge soll das Buch kürzer als der Ordem des Phönix werden. Wer der Halbblutprinz ist, darüber kann bis zum Erscheinungsdatum des Buches spekuliert werden. Nur eines ist sicher: Es handelt sich nicht um Voldemort.

Wir werden die Antwort bald erfahren, denn den nahezu unglaublich hohen Vorbestellungszahlen der englischen Ausgaben zur Folge warten nur wenige Potter-Fans auf die Übersetzung.

Humoreske gefällig? In Der kleine Dämonenberater (Goldmann, erscheint im Juni) erzählt Christopher Moore mit skurrilem Witz von den Anstrengungen, einen gefräßigen Dämon mit Hilfe eines Dschinns in die Hölle zurückzutreiben.

Batman-Fans können in diesem Jahr nicht nur cineastisch schwelgen. Im Juli erscheint mit Batman begins (Heyne) das Buch zum Film. Dennis O?Neill lüftet das dunkle Gehemnis aus Bruce Waynes Kindheit und erzählt von seiner Verwandlung zum »Rächer der Nacht«.

Zu guter Letzt: Im Juni erscheint mit Visionen bei LübbeAudio ein weiterer Teil der exzellent vertonten Poe-Literatur in ansprechend altertümlich-düsterem Design. Große Namen von Christopher Lee über Xavier Naidoo bis Apocalyptica widmen sich auch Gedichten des Großmeisters oder komponierten Musikstücke zu seinen Ehren. Visuell und audiovisuell ein Meisterwerk.

Viele Monate voller Leselust und phantastischer Abenteuer wünscht bis zur nächsten NAUTILUS

Momo Evers

- Kurzrezensionen für eilige Leser -
Genre-Mix mit Grusel-Garantie

Die Farbe Blau

Fantastische Thriller haben in den englischsprachigen Ländern schon lange Hochkonjunktur, und sukzessive schwappt diese Begeisterung auch nach Deutschland über. Bereits mit Engelsfluch und Engelspapst (die sich mit mysteriösen Geschehnissen rund um die päpstliche Schweizer Garde beschäftigen) hatte Jörg Kastner Erfolg, und Die Farbe Blau (Knaur) schließt hier nahtlos an. Zwischen Calvinismus und Ostindien Kompanie entführt Kastner den Leser in Rembrandts Amsterdam.

Als armer Maler unter vielen verdient sich auch Cornelis Suythof seinen Lebensunterhalt als Aufseher im Zuchthaus. Hier muss er mit ansehen, wie einer seiner Freunde, eines grausamen Mordes angeklagt und hingerichtet wird. Überzeugt von dessen Unschuld, macht Cornelis sich auf die Suche nach der Wahrheit und stößt dabei immer wieder auf ein mysteriöses blaues Gemälde, dessen Pinselführung an Rembrandt (der nie in Blau malte) gemahnt. Der junge Maler packt das Rätsel bei der Wurzel und mietet sich bei Rembrandt selbst ein, wo er sich in die Tochter seines Meisters verliebt, Aktbilder vornehmer Damen malt und hilflos mit ansehen muss, wie immer mehr Morde geschehen. Das blaue Gemälde selbst scheint seine Betrachter zu verändern ?
Erpressung und Verrat, Mystery und Geschichte, Kunst und Liebe geben sich in Die Farbe Blau ein Stelldichein. Der exzellent recherchierte Historien-Fantasy-Krimi im Jahre 1669 fesselt bis zur letzten Seite und weiß Liebhaber aller drei Genres zu begeistern. Ein sehr gutes Buch ? nicht nur ? für die Sommerzeit.

© Momo Evers

Märchenhafte Mystik
Die Drachen

Vorab: Die Drachen unterscheidet sich grundlegend von Die Orks (Markus Heitz, Piper) oder Die Elfen (Bernhard Hennen und James Sullivan, Heyne). Im Gegensatz zu deren actionreicher, spannungsgeladener Fantasy setzt Julia Conrad verstärkt auf die Anziehungskraft märchenhafter, esoterisch angehauchter Mystik.

Eigentlich tut dies nichts zur Sache, da die Titel keiner Reihe angehören und sogar bei unterschiedlichen Verlagen erscheinen. Da sie aber als Reihe vermarktet werden, schadet es nicht, Anhänger der Action-Fantasy an dieser Stelle prophylaktisch vor einer Enttäuschung zu bewahren. Unvoreingenommen betrachtet hat Die Drachen nämlich durchaus Reizvolles zu bieten:

Als Mittelerde noch jung war, lebten dort die Völker der Drachen in dem friedlichen Reich Chatundra einträchtig mit den Menschen, beschützt vom Dreigestirn der Drachengöttinnen. Doch die Kreaturen des Meeres zerstörten den Frieden gemeinsam mit dem Sonnendrachen Phuram, der sich fortan als grausamer Gott verehren ließ, das Land verwüstete und Elend über die Welt brachte. Jahrhunderte später aber brechen dreizehn auserwählte Menschen auf, um dem Wüten des finsteren Drachengottes ein Ende zu bereiten, denn so besagte es die Prophezeiung. Eine gefährliche Queste in die tote Stadt Luinflas beginnt, und nur die Auserwählten können den letzten, schrecklichen Krieg verhindern.

Julia Conrad lebt in opulenten Beschreibungen ihre eigene kreative Phantasie aus und verzichtet weitgehend auf einen Bezug zu Tolkiens Vorlage. Ihre Drachen sind mehr als Feuer speiende Riesenechsen: von den ätherischen, elbenhaften Rosenfeuerdrachen über kleine Kriechtiere bis hin zu abenteuerlichen Mischwesen aus Drachen und den verschiedensten Tieren oder Menschen stellt sie eine schillernd bunte, märchenhafte Menagerie zusammen, die gut recherchiert von zahlreichen Sagenwelten und Mythologien inspiriert ist. Der »klassische Fantasy-Drache« mutet im Vergleich fast grau und plump an.

Nach dem umfangreichen Prolog treten die Drachen zu Gunsten der Menschen in den Hintergrund. Die Brücke zwischen dem Zeitalter der Drachen und dem der Menschen schlägt der Drachenbarde Vauvenal, der größtenteils in Menschengestalt auftritt.

Auf 500 Seiten können viele Handlungsstränge der Geschichte lediglich angedeutet werden. Auch der große Zeitsprung zwischen Prolog und Binnenhandlung wirkt bestenfalls irritierend. Und mit Mittelerde hat das Buch auch nichts zu tun.

Liebhaber des Geheimnisvollen aber und all jenen, die des ewig gleichen Drachenbilds in der fantastischen Literatur müde sind, bietet Die Drachen sprühenden Ideenreichtum, dem etwas mehr Platz zur vollen Entfaltung verholfen hätte.

© Melanie Schraa